Künstler wie Mantegna und Bellini zeichneten in der Renaissance vor allem zum Studieren und Erproben. In groben Strichen brachten sie schnell erste Skizzen zu Papier, um Ideen festzuhalten. Manchmal wurden Positionen von Figuren erprobt, die sich aus diesem Grund auf einem Blatt mehrfach wiederfinden. Bildideen wurden anschließend in ganzen Kompositionen weiterentwickelt. Nach diesen Vorbereitungen folgten im künstlerischen Schaffensprozess schließlich Arbeitszeichnungen, mit deren Hilfe Figuren oder Landschaften auf Leinwand, Holztafel oder Wandfläche aufgebracht wurden.
„Sehr glücklich macht mich der Triumphzug des Mantegna […]; wie man aber bisher ohne ihn leben konnte, begreif´ich nicht recht.“
Goethe, 1820
(Aus einem Brief an Meyer 30. Juni 1820)
Die Serie der Triumphe, ein Zyklus aus insgesamt neun Gemälden, malte Mantegna zwischen 1486 und 1506. Alle Werke haben ein Maß von ca. drei mal drei Metern und sind damit verhältnismäßig groß. Der Maler hat hier verschiedene literarische Quellen der Antike zu den Triumphen Caesars verschmolzen. Die Bilder gehörten seit jeher zu den hochgeschätzten Werken des Künstlers.
Mit dieser kleinformatigen Zeichnung hat Mantegna vermutlich die Bildidee seinem Auftraggeber vermittelt oder hier die Komposition im quadratischen Format erprobt. In Vorbereitung des neunteiligen Gemäldezyklus müssen viele Zeichnungen entstanden sein, erhalten haben sich bis heute nur sehr wenige.
Druckgraphiken wie Kupferstiche oder Holzschnitte entstanden häufig, um beliebte Kompositionen zu verbreiten. Auch Mantegnas Triumphe wurden zahlreich kopiert und druckgraphisch vervielfältigt. Ihre Bekanntheit konnte so, noch Jahre nach Entstehung der Gemälde, maßgeblich gesteigert werden.
Zeichnung und Skulptur
Zu Gemälden finden sich in Archiven oft Dokumente, wie zum Beispiel schriftliche Aufträge, Inventarauflistungen oder Erwähnungen in Briefen. Zeichnungen hingegen dienten als Entwürfe oder Arbeitsmaterial in der Werkstatt eines Künstlers. Die Umstände ihrer Entstehung wurden häufig nicht dokumentiert.
Ein Beispiel dafür ist Zeichnung Bellinis mit dem Heiligen Markus, die heute mit keinem Gemälde mehr in Verbindung gebracht werden kann. Zu dem Thema gibt es allerdings in Venedig mehrere Reliefs, die das gleiche Thema Szene zeigen. Eine dieser Szenen findet sich an der Scuola Grande di San Marco, Sitz der einflussreichen Bruderschaft, der auch Giovanni Bellini angehörte.
Mantegna und Bellini veränderten immer wieder ihre Arbeitsweise als Reaktion auf den anderen. Wechselseitig schauten sie Motive voneinander ab. Bei vielen von Bellinis Gemälden, wie beispielsweise bei »Hieronymus«, ähnelt die Malweise so klar der Mantegnas, dass sich vermuten ließe, sie hätten eng zusammengearbeitet. Gerade die ersten signierten Werke Giovannis, in denen er sich von seinem Vater abgrenzte, wurden von Mantegnas Malstil beeinflusst.
Die kleine Tafel mit dem Hl. Hieronymus in der Wüste vom Beginn der 1450er-Jahre gilt als Giovanni Bellinis frühestes erhaltenes Gemälde. Nur kurz zuvor, wohl um 1448–1451, hatte sich auch Mantegna desselben Themas angenommen. Hieronymus ist hier zusammen mit dem Löwen zu sehen, dem er der Legende nach einen Dorn aus der Pranke gezogen haben soll. Der Löwe wurde so von Hieronymus gezähmt und begleitete ihn fortan.
Abbildungen des Hieronymus
Die Zeichnung mit dem Heiligen Hieronymus und dem Löwen ist eine weitere Verbindung im Schaffen der verschwägerten Künstler. In den vergangenen Jahrzehnten wurden unterschiedliche Vermutungen zur Entstehung dieser Zeichnung angestellt: Sie wurde sowohl Bellini als auch Mantegna zugeschrieben und sie wurde als Alternativentwurf für Mantegnas Gemälde, das sich heute in Soa Poalo befindet, gehalten. Vermutlich ist sie allerdings nach den Gemälden Bellinis im Umkreis von Mantegna entstanden. Die Art der Unterzeichnung kennen wir von Mantegna, die Verwendung schwarzer Kreide eher von Bellini.
Mantegna zeigt Hieronymus in mitten von Gegenständen, die auf sein Leben und sein Wirken verweisen. Viele dieser Details stehen für das geistliche Studium, die einsiedlerische Weltflucht und das einsame Gebet, etwa der Rosenkranz und das Holzbrett an der Felswand. Hierbei könnte es sich um ein sogenanntes Semantron handeln, mit dessen Schlägen in orthodoxen Klöstern die Mönche zum Gebet gerufen werden.
Christus in der VorHölle
Ein weiterer Beleg für die Zusammenarbeit der beiden Künstler ist das Werk »Christus in der Vorhölle« aus Bristol: Vermutlich wurde es in der Werkstatt Mantegnas gezeichnet, um dann auf uns unbekannten Wegen an Bellini zu gelangen. Der Farbauftrag und kompositorische Erweiterungen der Landschaft sprechen für eine Vollendung durch Bellini.
Das Pergamentblatt mit einer Zeichnung, die wahrscheinlich von Mantegna selbst stammt, ist detailliert ausgearbeitet. Einige Fehlstellen legen jedoch nahe, dass es nie komplett fertiggestellt wurde. Der Bildträger Pergament lässt eher an Präsentationszeichnungen als an Werkstattmaterial denken. Details dieser Zeichnung weisen starke Parallelen zum Kupferstich auf, beispielsweise die Konturen der Figuren und die zerbrochenen Türflügel. So entstand der Berliner Kupferstich vermutlich nach dieser Komposition
Die einzigartige Umsetzung dieser Episode aus Christus Leben mit der Hauptfigur in Rückenansicht, gab Anlass zu vielfältigen Kopien. So zeichnete ein Werkstattmitarbeiter Mantegnas die Figur aus der Szene herausgelöst als ricordo, um genau diese Komposition auch in anderen Zusammenhängen zu nutzen.
In der Legenda Aurea (dt. Goldene Legende), einer Sammlung von Lebensgeschichten der Heiligen Familie und anderer Heiligen, wird von Christus Abstieg in die Vorhölle erzählt. In der Zeit zwischen seiner Grablegung und der Auferstehung soll er sich in die Vorhölle, den sogenannten Limbus, begeben haben, um die guten Seelen zu retten. Er befreite zunächst Adam und Eva, die wir in den Varianten von Mantegna und Bellini neben Christus sehen können. Sie werden noch von satanischen Wesen mit höllischen Klängen beschallt, während Christus sich dem Abgrund zuwendet und weitere Seelen erlöst.